Aktuelles
Grundlagen
Röhren-Messtechnik
Röhre und HiFi
Röhrenverstärker
Studiotechnik
Röhrenmikrofone

Jetzt helfe ich mir selbst:

Röhren in der HiFi-Technik

Den Röhren auf Beine und Kurven geschaut -

von Buchstaben, Sockeln, Daten und Tabellen.

Wer sich mit seinen Röhren-Verstärker-Schätzen auseinandersetzt und vielleicht auch das ein- oder andere Gerät wieder zum Leben erwecken konnte, fragt sich vielleicht, wie man denn ermitteln kann, wie gut die eingebauten Röhren noch erhalten sind und welche Typen sich zum Austausch eignen. Gab es zur Röhrenzeit noch in fast jeder Werkstatt ein Prüfgerät, welches schnell über den Zustand einer gebrauchten Röhre Auskunft geben konnte, so ist es heute schon schwieriger, eine Röhre für sich zu testen und zu untersuchen.


Test mit dem Röhrenhammer

Eventuell haben Sie beim Stöbern in Ihrem Fundus ja sogar noch original verpackte Röhren gefunden, die denen im Verstärker sehr ähnlich sehen, deren Buchstaben / Zahlenkombination aber nur ein wenig von der Type der Röhren im Verstärker abweichen.... Sie fragen sich, ob man denn eine EF804 durch eine EF800 oder eine EF806 ersetzen kann – sie sehen doch schließlich alle (fast) gleich aus? Oder Sie finden Röhren, die sich vielleicht noch – mehr oder minder angestaubt und abgegriffen – in einer „Wühlkiste“ befinden, aber deren Beschriftung nicht mehr eindeutig entziffert werden kann. E88CC oder E83CC zum Beispiel. Zum Verwechseln ähnlich aber überhaupt nicht kompatibel. Eine kleiner Wischer an der entsprechenden Beschriftungs-Stelle auf dem Glaskolben und schon ist hier Detektivarbeit gefragt. Meist wird schon die Beschriftung beim Stöbern durch bloßes Berühren mit den Fingern zerstört. Was passiert, wenn man Röhren austauscht, die fast gleich aussehen und deren Bezeichnungen obendrein noch recht ähnlich klingen?

Sehr ähnliches Aussehen – aber völlig verschieden – Pentoden aus Studio-Verstärkern

Damit die Entdeckungsreise in die klassischen Klangwelten nicht frühzeitig durch einen Fehlgriff beendet wird, möchte ich in diesem Artikel noch einmal genauer auf die Röhre im Audio-Verstärker eingehen. Die allgemeinen Grundlagen der Röhrentechnik wurden im Analog-Heft XXXX beschrieben. In diesem Beitrag wird gezeigt, wodurch sich einzelne Typen unterscheiden, wie sie angeschlossen sind, unter welchen Bedingungen sie arbeiten, und wie sich durch Messen mit einfachen Mitteln eine unbekannte Röhre identifizieren und ihr Zustand bestimmen lässt. Wer sich vielleicht schon einmal mit Röhrentabellen aus dem Internet oder in gedruckter Form (heute noch erhältlich: Röhren-Taschen-Tabelle, Franzis-Verlag) beschäftigt hat, wird feststellen, dass sich etliche Typen sehr ähnlich sind – sei es durch die Bezeichnung, die Sockelschaltung, das Aussehen oder die technischen Daten. Aber welche Röhre kann man unmittelbar durch eine andere ersetzen?

Die Röhrenkennzeichnung

AC701, EC 92, ECC83, EF804, EAA91, EL84 und wie sie alle heißen, kann verwirrend sein. Aber gerade diese sind durch den europäischen Typenschlüssel, der seit 1934 angewendet wird, recht gut voneinander zu unterscheiden. Der erste Buchstabe bezieht sich auf die Heizung, der zweite, dritte und manchmal auch vierte gibt an, um welchen Röhren-Typ es sich handelt. Die Zahl schließlich lässt auf die Sockelart – Mini oder Noval zum Beispiel - schließen. Folgt auf den ersten Buchstaben die Zahl und dann erst die weiteren Buchstaben, oder folgen auf die Buchstaben 3 Zahlen, haben wir es mit einer eng tolerierten Langlebensdauerröhre zu tun. Dieses sind speziell für den kommerziellen Einsatz hergestellte Röhren mit sehr geringer Ausfallrate.

Eine kleine Tabelle:

Erster Buchstabe:

A= 4 Volt Heizung

E= 6,3 Volt Heizung

Zweiter und weitere Buchstaben:

A= Diode

C= Triode

F= Pentode

L= Endpentode

90er oder 900er: Mini-Sockel - 7-polig

80er oder 800er: Novalsockel - 9-polig

70er oder 700er: Anschlussdrähte zum Einlöten in die Schaltung.

Beispiel: EC92. Es handelt sich um eine Triode „C“ mit 7-poligem „92“ Sockel. Sie benötigt 6,3 Volt „E“ Heizspannung. Oder die E88CC, eine Doppeltriode „CC“ mit 9-poligem „88“ Sockel mit „E“ 6,3 Volt Heizung.

Bei den amerikanischen Röhren-Bezeichnungen gibt es nicht unbedingt eine Logik, die auf das System schließen lässt. Die erste Zahl bezieht sich auf die Heizspannung und die letzte in der Regel auf die Zahl der angeschlossenen Sockelstifte. Die ECC81 heißt dort 12AT7. Von der Angabe der Heizspannung (12,6 Volt) treffender als in Europa und 7 Stifte sind belegt, wenn die Mittelanzapfung mitgezählt wird. (Siehe weiter unten). Die EC92 heißt dort 6AB4 – 6,3 Volt Heizung – es sind aber nur 3 Stifte belegt. Aus den ca. 80 verschiedenen Audio-Röhren mit ungefähr 30 unterschiedlichen Sockelbeschaltungen möchte ich hier nur die wichtigsten herausgreifen, die sich häufig in klassischen Studio-Verstärkern befinden. Weitere Typen und Beschreibungen finden Sie auf: www.roehrenprofessor.de Gern können Sie mich auch kontaktieren.

Der Blick auf den Sockel

Die beiden wichtigsten Röhrensockel sind der Mini- (links) und der Noval-Sockel (rechts). Wenn die Röhren so gehalten werden, wie auf dem Foto gezeigt, werden die Anschlussstifte im Uhrzeigersinn gezählt. Beginnend mit „1“ rechts von der Lücke, die auch gleichzeitig die Codierung gegen falsches Einsetzen der Röhre ist. Die gleiche Reihenfolge findet sich auch in den Sockel-Schemata in Röhrentabellen wieder.

Diie beiden häufigsten Röhrensockel (Mini – links; Noval - rechts)

Bei 99 Prozent der Röhren mit diesen Sockeln sind die Stifte 3 und 4 beim Mini-Sockel und die Stifte 4 und 5 beim Noval-Sockel die Heizfadenanschlüsse. Hier haben Sie die erste Möglichkeit, eine Röhre zu prüfen: Ein Ohmmeter - dort angeschlossen – sollte zwischen 3 und 12 Ohm anzeigen. Der Heizfaden ist dann in Ordnung. Eine weitere „Röhrenprüfung“ ohne Prüfgerät ist nur noch in der Schaltung bzw. im Gerät möglich. Aber auch hier ist das Vorgehen nicht schwer: Als Beispiel dient die Triode EC92.

Sockelschema der EC92

Ich habe die Sockelschaltung der EC92 und einen Schaltungsauszug mit dieser Röhre gewählt, um zu zeigen, dass es gar nicht schwer ist, mit Hilfe einiger Spannungsmessungen eventuelle Fehler bei der Funktion einer Röhre zu ermitteln.

Sollten die Werte an den Anschlüssen einer Röhre von den angegebenen erheblich abweichen, sind das Gerät, die die Röhre umgebenden Bauteile oder die Röhre selbst fehlerhaft. Der Grund, dass es gewisse Richtwerte für die Spannungen an den einzelnen Röhrenelektroden gibt, liegt daran, dass fast alle hier betrachteten Röhren nur in einem bestimmten Bereich für Audio-Zwecke richtig arbeiten. Dieser ist gekennzeichnet durch die für jede Röhre typische Kennlinie, die durch die Abhängigkeit von Gitterspannung und Anodenstrom gegeben ist. Diese Kennlinie gibt Auskunft über die Verstärkung.

Beispielschaltung der EC92 als NF-Verstärker

Obwohl diese im Beispiel gezeigte Grundschaltung nur wenige Bauteile benötigt, ist sie doch schon ein vollwertiger Verstärker. Wichtig sind die beiden Kondensatoren C1 und C2. Aufgabe von C1 ist die Trennung der negativen Gittervorspannung der Röhre von der zu verstärkenden NF-Wechselspannung. Hier kann zum Beispiel ein Eingangsübertrager angeschlossen sein. C2 hingegen ist besonders gefordert, trennt er doch die Anodenspannung von 200 Volt von der verstärkten NF-Wechselspannung, die an dieser Stelle vielleicht gerade 1,5 Volt beträgt. Dieser so beschaltete Verstärker hat übrigens eine Verstärkung von ca. 20 dB.

Ein wenig Theorie

Die in der Schaltung angegebenen Spannungs- und Stromwerte finden sich in der abgebildeten Kennlinie wieder: An den Kurven direkt ist die jeweilige Anodenspannung angegeben.

Kennlinie der EC92 mit Markierungen.

An der X-Achse ist die negative Gitterspannung des Steuergitters und an der Y-Achse ist der Anodenstrom angetragen. Auf der Suche nach der negativen Gitterspannung sehen Sie in der Schaltung nur den Wert von +1,5 Volt an der Kathode. Dies ist eine völlig typische Maßnahme in der Röhrentechnik: Der durch die Röhre fließende Strom erzeugt am Widerstand Rk einen Spannungsabfall, die Kathode wird leicht positiv, das Gitter bleibt über Rg auf Masse und somit gegenüber der Kathode negativ. Befinden wir uns nun im grün gekennzeichneten Kurvenbereich, arbeitet die Röhre sehr linear mit minimalen Verzerrungen, während der Betrieb im roten Bereich für Verzerrungen 2. Grades (k2) sorgt.

Zurück zur Praxis

In der HiFi-Verstärkertechnik gibt es sehr viele Trioden, die meist als Doppeltrioden (ECC....-System) ausgeführt sind. Angefangen im RIAA-Entzerrer oder als Impedanzwandler über Vor-Verstärker bis hin zu den berühmten Klassikern von Fairchild oder Altec. Überall begegnet man diesen Röhren mit Noval-Sockel und dem sichtbaren Doppelsystem.

ECC81 – zwei Trioden-Systeme in einem (Noval-) Kolben

Und gerade bei den Doppeltrioden gibt es teils gravierende Unterschiede. ECC81, -82 und -83 zum Beispiel: Obwohl das „E“ auf 6,3 Volt Heizung hindeutet, haben diese Röhren einen Heizspannungsbedarf von 12,6 Volt, wenn man sie über Stift 4 und 5 versorgt. Wenn man diese beiden Stifte aber kurzschließt, so kann die Röhre zwischen diesen und Stift 9 mit 6,3 Volt geheizt werden. Diese Röhren haben eine Heizung mit Mittelanzapfung! Das Gleiche gilt für die Röhre 6072. Es handelt sich ebenfalls um eine Doppeltriode, die sich sowohl mit 6,3 als auch mit 12,6 Volt heizen lässt. Auch die Triodensysteme dieser Röhren haben sehr unterschiedliche Daten und Kennlinien. Bei der E88CC beträgt die Heizspannung 6,3 Volt zwischen Stift 4 und 5. Stift 9 ist eine Abschirmung.

Gemeinsames Sockelbild der ECC 81, -82, -83 oder der 6072

Weiter geht es mit Pentoden

also den Röhren, die den Buchstaben „F“ an der Stelle der Typenidentifikation tragen.

Hier ist besonders die EF804 oder EF804S hervorzuheben, da es sich laut Telefunken-Forschungsberichten um die rauschärmste je gebaute Röhre handelt. Diese Röhre, entwickelt für anspruchsvollste Audio-Verstärker hat kein Pendant, mit dem sie sich ersetzen ließe. Auch die Sockelschaltung ist einmalig. Sie kann nur durch die EF804S – einer Röhre mit Spezialkathode ersetzt werden. Spezialkathoden wurden für Anwendungen konstruiert, in denen eine Röhre längere Zeit in geheiztem Zustand ohne Anodenspannung betrieben werden kann, ohne dass dadurch die Kathode „vergiftet“ wird. Vergiften bedeutet hier, dass sich die Kathodenschicht von ihrem Träger löst. Dies hat ein erhöhtes Rauschen der Röhre zur Folge.

Anders verhält es sich mit der EF80. Diese kann – unter kleinen hinnehmbaren Abweichungen in der Funktion, ohne weiteres gegen eine EF85, EF805S, eine EF183, EF184, 6BX6 oder 6BY7 ausgetauscht werden. Genauso verhält es sich mit der EF86, einer sehr weit verbreiteten NF-Röhre. Ein Austausch gegen eine EF806S hat sogar Vorteile. Siehe oben. Auch der amerikanische Zahlentyp „6267“ ist unmittelbar kompatibel.

Sockelschaltungen von EF804 und EF806

Hier bitte genau schauen: Ein Austausch dieser Röhren untereinander ist tödlich – sowohl für das Gerät, als auch für die entsprechende Röhre.

Ein kleiner Verstärker mit Pentode

Im folgenden Schaltungsauszug ist kurz erläutert, welche Spannungen bei einer Pentode üblicherweise gemessen werden. Man erkennt wieder die Anodenspannung und die Spannung an der Kathode, die, aufgrund des fließenden Anodenstroms, zur negativen Gittersvorpannung wird. Neu hinzugekommen ist das mittlere Gitter – das Gitter G2 – welches fest auf einem Potential von 220Volt liegt und das Gitter 3, welches – gut geerdet – kurz vor der Anode die abprallenden Sekundärelektronen zurückschickt. (Dient der Linarisierung der Kennlinie)


Pentode in ihrer Grundschaltung

Auch hier gilt: Wesentliche Abweichungen der Werte deuten auf eine Fehlfunktion hin. Fehlt zum Beispiel die Spannung an Gitter 2, weil der Kondensator durchgeschlagen ist, oder der Widerstand eine Unterbrechung hat, bleibt der Verstärker stumm. In diesem Fall kann man sich zur Not schnell helfen: Durch Verbinden von Gitter 2 mit der Anode arbeitet die Röhre in Triodenschaltung weiter. Der Klang wird sich geringfügig ändern – sonst passiert weiter nichts.

Ein Röhrenprüfgerät

Das beste Röhrenprüfgerät ist immer das Gerät, in dem die Röhre arbeitet. Meist sind in den Schaltungen von Röhrenverstärkern die entsprechenden Spannungen an den einzelnen Elektroden angegeben. Eine nachlassende – verbrauchte – Röhre ist dadurch zu erkennen, dass ihre Kathode ihre Emissionsfähigkeit verliert, dadurch der Anodenstrom sinkt, sodass die Spannung an den einzelnen Elektroden über den angegebenen Wert steigt. Aus Erfahrung kann ich sagen: Hörbar sind Beeinträchtigungen durch verbrauchte Röhren erst, wenn diese nur noch weniger als 50% von ihrer nominellen Emissionsfähigkeit besitzen. Dann allerdings fallen diese Röhren durch stark nachlassende Wiedergabe der tiefen Töne auf. Der Bassanteil wirkt verschwommen.

Kleiner Kurs für Detektive

Für diejenigen, die auf den Geschmack gekommen sind und sich näher mit den „Schätzen“ in ihrer Wühlkiste beschäftigen wollen an dieser Stelle ein paar Tips zur Identifikation von Röhren ohne Aufschrift. Es genügt ein geübter Blick ins Innere, dort, wo die Stifte mit den einzelnen Elektroden wie Gitter, Kathode oder Anode verbunden sind. Für das Foto musste ich eine EF86 „schlachten“, da so im Bild die inneren Verbindungen besser zu erkennen sind.

Anschlussstifte und ihre Verbindung zu den Elektroden

Mit einiger Übung sucht man sich zum Beispiel die Anschlüsse von Kathode (hier rot markiert, den Heizanschlüssen (gelb) und Anode (blau) heraus, und hat so die Möglichkeit, vergleichend mit einer Röhrentabelle, die Röhre zu identifizieren. Siehe weiter oben das Sockelbild der EF806. Neben den Heizanschlüssen 4 und 5 befinden sich Kathode (3) und Anode (5). Wenn dies gelungen ist, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass beim Ersatz-Betrieb ernste Fehler auftreten. Nur unterschiedliche Ströme können noch zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen. So beeinflusst ein höherer Anodenstrom die Gittervorspannung und die Röhre arbeitet dann eventuell im gekrümmten Teil der Kennlinie. Der Verstärker wird verzerren. Vorsicht natürlich, denn ein zu hoher Strom kann die Widerstände durch Überlastung warm werden lassen

Bitte bedenken: Röhren arbeiten mit lebensgefährlichen Spannungen!

Ich hoffe, ich konnte durch diesen Beitrag weiter das Interesse auf diese neue alte Technologie lenken. Für mich ist das Faszinierende an der Röhrentechnik ihre unglaubliche Einfachheit. Das Erreichen großer Präzision mit wenigen Bauteilen – diese müssen dann allerdings von höchster Qualität sein!

Meine Quellen

Sämtliche Anschlußschemen, Kennlinien und Schaltungsauszüge stammen übrigens aus Original Telefunken-Röhrenhandbüchern. Nachdruck daraus ist, mit Quellenangabe, gestattet. Dieses möchte ich hiermit gern tun.

Home   |  Der bin ich...   |  Röhren-Abbildungen   |  Daten, Kennlinien, Messungen   |  Werkstatt-Tipps   |  Impressum
Alle Rechte vorbehalten.